Tödlicher Verkehrsunfall
06.09.2018
Die Teilnahme am Straßenvekehr ist immer mit dem Risiko eines Verkehrsunfalls verbunden. Im Regelfall geht dies glimpflich ab, trotz eines von 1980 - 2017 gestiegenen Fahrzeugbestandes von 27 Mio. auf 55 Mio. ist die jährliche Zahl der Verkehrstoten von 13.000 auf 3.000 gesunken. Ursache ist die deutlich verbesserte Sicherheitsausstattung der Fahrzeuge und Notfallmedizin.
Gleichwohl bleiben genug tragische Fälle übrig, mit denen sich im Regelfallder Strafrichter befasst. Für die fahrlässige Tötung, der zumeist vorliegende Tatbestand, sieht § 222 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Hinzu kommen kann eine weitere Strafbarkeit, wenn Alkohol oder Drogen im Spiel sind.
Bei der Strafzumessung wird wie bei kaum einem anderen Delikt das Verschulden, also die subjektive Komponente berücksichtigt. Bei einem leichten Augenblicksversagen (Fall aus dem Büro des Verfassers) wurde lediglich eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen ausgeurteilt ohne die Fahrerlaubnis zu entziehen: Ein selbstständiger Fuhrunternehmer mit einem Lastzug fuhr täglich mehrmals dieselbe Strecke und bei einer dieser Fahrten mit unverminderter Geschwindigkeit auf eine rote Ampel zu, weil er deren Umspringen einkalkuliert bzw. erwartet hatte. Durch den Rotlichtverstoß geriet der Lastzug seitlich in einen PKW. Ohne diesen Unfall hätte dies lediglich eine Ordnungswidrigkeit dargestellt und zu einem Bußgeld geführt.
Das andere Extrem ist die Trunkenheitsfahrt mit Todesfolge. Das gängige Strafmaß sind hier 18 Monate ohne Bewährung.In diesen Fällen muss die Verteidigung genauestens hinschauen ob die Alkoholisierung unfallursächlich war: In einem hier als Pflichtverteidiger (früher Offizialverteidiger) bearbeiteten Fall war der Fahrer mit rund 1,8 Promille nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und mit der Beifahrertür gegen einen Baum geprallt. Der dort sitzende Bruder verstarb. Bei der Überprüfung des Fahrzeuges durch einen von der Staatsanwaltschaft beauftragten Sachverständigen hatte dieser - ohne allerdings hierauf selbst hinzuweisen - abnorm niedrige Reibwerte der Bereifung festgestellt, die bereits bei einer Bremsverzögerung von 2,5 m/s in den Blockierzustand übergingen. Die Bereifung sah tadellos aus. Es handelte sich um völlig nuwertige Aluminiumfelgen mit "neuen" Reifen, die infolge einer Überlagerung/Alterung völlig ausgehärtet waren. Deswegen war - zumindest nicht zugunsten des Angeklagten auszuschließen - der Wagen in der Kurve ausgebrochen wegen fehlender Seitenführungskräfte. Dies wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einem nüchternen Fahrer passiert. Der Angeklagte wurde dann lediglich wegen einer Trunkenheitsfahrt zu den hier gängigen 30 Tagesätzen verurteilt und von dem Vorwurf, seinem Bruder fahrlässig getötet zu haben, freigesprochen.
Zu einer richtigen Hausnummer wachsen kann Unfallflucht. Ein Skateboarder kommt plötzlich zwischen parkenden Autos hervor, wird von einem PKW erfasst und bleibt liegen. Für den Kraftfahrer vermeidbar war der Unfall nicht. Dieser steigt kurz aus.sieht sich die Unfallstelle an und fährt weg. Der Schwerstverletzte verstirbt wenige Stunden später im Krankenhaus; auch sofortige Hilfe hätte hieran nichts geändert. Für das unerlaubte Entfernen vom Unfallort reicht bereits die Beteiligung an einem Verkehrsunfall aus, unabhängig von einer Vermeidbarkeit, Verursachung und insbesondere Verschulden. Der Tatbestand war also eindeutig erfüllt. Wegen der außergewöhnlichen Umstände - Liegenlassen eines Schwerstverletzten - "gab" es 1 Jahr und 7 Monate ohne Bewährung.
In einem weiteren Fall versuchte eine Fußgängerin, nachdem sie ein Fahrzeug hatte vorbeifahren lassen, vor einem weiteren PKW über die Straße zu laufen, wurde erfasst und tödlich verletzt. Der Fahrer unter Drogeneinfluss entfernte sich, hier allerdings in der nicht gänzlich abwegigen (nachts,außerorts) Hoffnung, es könne sich um einen Wildunfall gehandlet haben. ie Staatsanwaltschaft ging dann im Ermittlungsverfahren von einer schuldhaften Verursachung des Verkehrsunfalls (fahrlässige Tötung) aus, "onstruierte" eine Garantenpflicht und daraus einen versuchten (die Fußgänger war wie mitgeteilt sofort verstorben) Mord durch Unterlassen. Die Verurteilung zu immerhin 7 Monaten auf Bewährung wurde dann im Berufungsverfahren auf 40 Tagessätze herabgesetzt. Auch hier Obacht bei Gutachten "für"die Staatsanwaltschaft: Im lichttechnischen Ergänzungsgutachten wurde die Straße auf einmal breiter mit der Folge einer längeren Wegstrecke für die Fußgängerin und damit mehr Zeit zum Wahrnehmen und Reagieren für den Kraftfahrer. Keineswegs reicht es also aus, bei deratigen Gutachten lediglich (wird hier allerdings auch als Erstes gemacht) nur die letzte Seite zu lesen. So wurde in einem anderen, allerdings nicht tödlichen Verkehrsunfall auf einer sehr breiten Ausfallstraße beim unvorsichtigen Überqueren einer Fußgängerin im abendlichen Berufsverkehr in Dunkelheit die Reaktionsaufforderung bereits 1 m vor Erreichen der Mittellinie gelegt und darauseine Vermeidbarkeit abgeleitet. Dies war natürlich verfehlt. Auf den entsprechenden Hinweis wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt.