Mit 130 %

30.04.2023

Schadensersatz soll den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Der Schädiger "hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre", § 249 Abs.1 BGB. Dies wird auch als Naturalrestitution bezeichnet. Nach der Grundidee des Gesetzgebers soll der Unfallverursacher selbst das beschädigte Fahrzeug ersetzen oder reparieren. Das würde schön Einen geben.

Dies hat auch der Gesetzgeber gewusst: Der Geschädigte kann "statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen", § 249 Abs.2 S.1 BGB.

Wieviel ist das genau?  Liegen die Reparaturkosten selbst unter dem Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert), ist nur die Instandsetzung zu bezahlen; Mehrwertsteuer nur mit Rechnung. Kostet die Reparatur hingegen deutlich mehr als der ganze Wagen, gibt es nur Geld für ein vergleichbares Fahrzeug.

Schlicht gegenübergestellt werden diese Zahlen schon lange nicht mehr. Um das Integritätsinteresse des Geschädigten zu schützen, haben die Gerichte die 130 %-Grenze, von der Sie sicherlich schon einmal gehört haben, entwickelt:

"Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats steht dem Geschädigten in Abweichung vom Wirtschaftlichkeitsgebot ausnahmsweise ein Anspruch auf Ersatz des den Wiederbeschaffungswert des beschädigten Fahrzeugs um bis zu 30 % übersteigenden Reparaturaufwands (Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Entschädigung für den merkantilen Minderwert) zu, wenn er ein besonderes Integritätsinteresse zum Ausdruck bringt. Dies setzt voraus, dass er den Zustand des ihm vertrauten Fahrzeugs wie vor dem Unfall wiederherstellt, um es nach der Reparatur weiter zu nutzen," BGH, Urteil vom 16.11.2021 - VI ZR 100/20 -.

Das ist noch nichts Neues. Besonderheit der BGH-Entscheidung: Das Gutachten war von Reparaturkosten deutlich über 130 % ausgegangen. Hier war bislang Schluss mit einer Reparatur, weil vom Schädiger nicht zu bezahlen. Vorliegend war "die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt worden, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat" und unter 130 % geblieben.

Der BGH eröffnet dem Geschädigten ausdrücklich die Möglichkeit, das Gutachten zu widerlegen. Bitte beachten: Das Ganze funktioniert nur bei einer sach- und fachgerechten Instandsetzung vollumfänglich nach Vorgaben des Gutachtens/Sachverständigen, nicht bei einer Teilreparatur. Die Instandsetzung muss, um im Prozess bewiesen werden zu können, penibel dokumentiert werden. Letztendlich muss der Wagen noch eine gewisse Zeit (der BGH hat 6 Monate ausreichen lassen, nicht verlangt wie von der Versicherungswirtschaft behauptet) weitergenutzt werden.

Die Versicherungswirtschaft  selbst hatte vor 20 - 25 Jahren zur Reduzierung der Reparaturkosten den Einbau von Gebrauchteilen propagiert und hinterfragt ständig die Gutachten mit Prüfberichten. Dies ist den Versicherern auf die Füsse gefallen.

Mein Konzept ist es, gemeinsam mit Ihnen eine optimale Strategie zu entwickeln, die uns zügig zum Ziel führt und geringe Kosten verursacht !


Mein Fachgebiet ist das Verkehrsrecht. Dazu gehören insbesondere das Bußgeldrecht, das Verkehrszivilrecht und das Verkehrsstrafrecht. Zusätzliche Rechtsgebiete sind das Arbeitsrecht, das Baurecht und das Mietrecht.


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