Dashcam(3)
26.06.2022
Den genauen Unfallhergang und damit den Verursacher zu ermitteln, ist häufig schwierig oder überhaupt nicht möglich. Stoßen zwei Fahrzeuge in gerader Linie zusammen, sehen die Schäden völlig gleich aus unabhängig davon, wer stand oder wer fuhr. Aktueller Fall aus dem Büro: Im Stau auf der Autobahn an einer Steigung rollt das vordere Fahrzeug zurück. Bei einem Auffahren sehen die Schäden genauso aus. Dasselbe gilt beim Rückwärtsausparken aus gegenüberliegenden Parklücken. In dem vom BGH (Urteil vom 15.05.2018 - VI ZR 233/17 -) entschiedenen Fall war das Fahrzeug auf der linken von zwei innerstädtischen Fahrspuren vorne rechts, der andere Wagen hinten links beschädigt. Der Fahrer links trug vor, geschnitten worden zu sein, der Fahrer rechts behauptete, der andere sei in seinen Wagen hineingefahren. Ein Sachverständiger hatte beide Versionen als möglich bezeichnet.
Der Bundesgerichtshof hat die Verwertung der Aufzeichnung der in einem Fahrzeug installierten Dashcam zugelassen. Die datenschutzrechtliche Unzulässigkeit (die verwendete Kamera zeichnete durchgängig 4 Stunden am Stück auf) sei ein Beweiserhebungsverbot, das jedoch nicht ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehe. Das Interesse des Beweispflichtigen an einer funktionstüchtigen Zivilrechtspflege und an einer materiell richtigen Entscheidung überwiege das allgemeine Persönlichkeitsinteresse. Das Geschehen ereigne sich im öffentlichen Verkehrsraum, in den sich der Unfallgegner freiwillig begeben habe. Auch sei dieser nach einem Unfall verpflichtet, seine Daten anzugeben. Ferner würden nur Vorgänge aufgezeichnet, die grundsätzlich für jedermann wahrnehmbar sind.
Allgemein bekannt ist die Entscheidung des BGH immer noch nicht. Deswegen habe ich trotz der verstrichenen Zeit diesen Beitrag eingestellt. Mein Rat: Bauen Sie eine Kamera ein. Die modernen Geräte tragen auch dem Datenschutz Rechnung durch ständiges Löschen, Verpixelung, Speicherung nur nach Aufprall u.ä. Bei Unaufklärbarkeit erhalten Sie sonst bestenfalls 50 % Ihres Schadens ersetzt, bei entgegenstehenden, nicht zu widerlegenden Zeugenaussagen oder Anscheinsbeweis (Vorfahrt, Rückwartsfahrt, Auffahren, Grundstücksausfahrt pp.) unter Umständen gar nichts.