Berührungsloser Unfall

12.07.2018

..spricht man von einem berührungslosen Unfall.

Jeder kennt die Verkehrsteilnehmer, die starren Blickes und gesenkten Hauptes mit unverminderter Geschwindigkeit auf das Stopschild oder die rote Ampel zufahren. Die Devise lautet: Wer später bremst, fährt länger schnell. Untersuchungen eines deutschen Automobilclubs haben bei diesem Fahrstil eine höhere Geschwindigkeit und Zeitersparnis ergeben, jedenfalls nach dem Gefühl des Fahrers. Die Studie wurde gefördert von der Bremsen und Reifenindustrie.

Spaß beiseite. Wenn sich ein Verkehrsteilnehmer durch den Fahrstil eines anderen zu einer Ausweichbewegung veranlasst sieht und hierbei verunfallt, sind dessen Schäden zu ersetzen. Die bloße Anwesenheit am Unfallort reicht selbstverständlich nicht aus. Zusätzlich muss durch Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen worden sein, BGH vom 22.11.2016 - VI ZR 533/15 - (Motorradfahrer weicht nach links aus, als beim Überholen eines PKW dessen Fahrer plötzlich nach links abbiegt). Bremst der bevorrechtigte Verkehrsteilnehmer ab, weil der Wartepflichtige über eine Haltelinie gerät und kommt es deswegen zum Auffahrunfall, haftet der Wartepflichtige zu 20% mit, OLG Celle vom 15.05.2018 - 14 U 175/17 -. Stürzt ein Fahrradfahrer aufgrund einer Vollbremsung wegen der Befürchtung, ein schnell herannahendes Fahrzeug würde die Vorfahrt nehmen, ist der entstandene Schaden vollständig, also zu 100% zu ersetzen, OLG Brandenburg vom 14.09.2017 - 12 U 12/17 -. Lesenswert der deswegen im Original wiedergegebene Orientierungssatz bei juris:

"Auch ein Unfall infolge einer voreiligen, also objektiv nicht erforderlichen Abwehr- oder Ausweichreaktion kann dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zugerechnet werden, das diese Reaktion ausgelöst hat. Es ist auch nicht erforderlich, dass die von dem Geschädigten vorgenommene Ausweichreaktion aus seiner Sicht, also subjektiv erforderlich war oder sich gar für ihn als die einzige Möglichkeit darstellt, um eine Kollision zu vermeiden." Auch eine Fehleinschätzung geht also zu  Lasten des Schädigers. Darauf berufen, es sei ja nicht zum Zusammenstoß gekommen, er habe - gerade noch soeben - anhalten können, kann sich der Geschädigte nicht. Der genaue Unfallhergang muss natürlich feststehen: "Bei einem Unfall, der ohne Berührung der Fahrzeuge stattgefunden hat, gehören zu den erforderlichen Feststellungen grundsätzlich die Sichtverhältnisse, die Ausgangsgeschwindigkeit, die Zeitpunkte von Lenkvorgängen und die Fahrlinien," OLG München vom 13.05.2016 -10 U 4529/15-. "Das Ausweichen in die falsche Richtung stellt sich als eine typische instinktive Reaktion auf das zunächst nicht deutbare Geschehen aus einer physischen Lage heraus dar, die der Kraftfahrer nicht verschuldet hat," OLG Düsseldorf vom 21.09.2010 - 1 U 231/09 - entgegenkommender Sattelzugfahrer leitet ein Linksabbiegemanöver ein, worauf der PKW-Fahrer nach links ausweicht und mit einem weiteren, linken Geradeausspur befindlichen PKW kollidiert, Alleinhaftung).

Die Anforderungen an die Beweisführung sind natürlich hoch. Die bloße Anwesenheit am Unfallort reicht, wie gesagt, nicht aus. Für zukünftige Fälle zu beachten bleibt allerdings eine Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen, BGH vom 15.05.2018 - VI ZR 233/17 -.

Hingewieen sei noch auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen: Bei Vorfahrtsverletzungen oder zu schnellem Heranfahren an Straßenkreuzungen handelt es sich um eine Straßenverkehrsgefährdung gem. § 315c StGB, die neben einer Geldstrafe regelmäßig die Entziehung der Fahrerlaubnis nach sich zieht.

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Mein Fachgebiet ist das Verkehrsrecht. Dazu gehören insbesondere das Bußgeldrecht, das Verkehrszivilrecht und das Verkehrsstrafrecht. Zusätzliche Rechtsgebiete sind das Arbeitsrecht, das Baurecht und das Mietrecht.


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