Anhalteweg

04.05.2020

und damit das Ergebnis aus einer rechtlichen und technischen Gesamtbetrachtung.

Kommt es zum Unfall, stellt sich sofort die Frage nach der Vermeidbarkeit. Konnte der Fahrer den Unfall durch geringere Geschwindigkeit und/oder schnellere Reaktion verhindern? Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Strafbarkeit und auch eine zivilrechtliche Haftung bis auf eine mögliche Betriebsgefahr aus.

Die Geschwindigkeit im Moment der Kollision lässt sich zumeist recht genau rekonstruieren. Beim Fußgängerunfall geben die Beschädigungen am Fahrzeug und die Abwurfweite des Fußgängers Aufschluss über die Aufprallgeschwindigkeit. Aus dem Beulenversatz lässt sich die Quergeschwindigkeit, also das Tempo mit dem der Fußgänger vor den Wagen lief, ableiten. Steht die Kollisionsgeschwindigkeit fest, stellt sich die Frage nach der Situation davor.

Als Erstes ist zu prüfen, wann eine Reaktionsaufforderung für den Fahrer bestand.Bei einer Person, Mitte 40, braucht der Führer eines Kraftfahrzeuges nicht mit einem plötzlichen Betreten der Fahrbahn zu rechnen. Anderes gilt bei erkennbar unsicheren Teilnehmern: "Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gegenüber Kindern, Hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrtgeschwindigkeit und Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist," § 3 Abs. 2a StVO. Zunächst einmal muss damit der (spätere) Unfallgegner als solcher überhaupt erkannt worden sein; eine Ausnahme besteht bei entsprechender Beschilderung wie Kindergarten oder Schule, weil hier auch mit dem Auftauchen noch nicht sicherbarer Personen gerechnet werden muss. Mit der Erkennbarkeit ist dies häufig so eine Sache. Der Gutachter bemüht den gesamten Apparat bis zur Nachtsichttechnik aus dem Tornado. Beim Ortstermin stiert man sich die Augen aus dem Kopf, bis man im Dunkeln die mit der Bekleidung des Unfallopfers versehen Puppe mühsam zu sehen vermag. Eine derartige "Vorverlagerung" muss von ihrem Verteidiger unterbunden werden. Ein weißer Schuh kann zunächst ebensogut eine Fahrbahnmarkierung, eine Papiertüte oder sonstiges sein und muss deswegen erstmal einer Person zugeordnet werden können. Es geht hier um die Wahrnehmbarkeit, einem zentralen Begriff der Reaktionsaufforderung

Ab wann für den Fahrer eine Gefahrensituation besteht, die sofortige Reaktion verlangt, ist eine reine Rechtsfrage. Diese Bewertung geht den Sachverständigen überhaupt nichts an. Betritt beispielsweise ein Fußgänger die Fahrbahn oder gerät ein PKW über die Haltelinie oder gedachte Verlängerung der rechten Fahrbahnseite hinaus, bedeutet dies eben nicht sofort ein Alarmsignal, sondern erst, wenn in den Verkehrsraum ein gewisses größeres Stück, zumeist ein Meter, eingedrungen wurde.

Ab diesem Moment läuft die Uhr für die Reaktionszeit. Hier ist eine Schnittstelle zwischen medizinischer/technischer und rechtlicher Bewertung. Bei einer ohnehin prekären Verkehrssituation werden die Anforderungen an die Aufmerksamkeit hochgeschraubt und die Zeit bis auf die 0,8 Sekunden einschließlich 0,2 Sekunden Bremsansprechzeit herabgesetzt. Anderes gilt bei einer seitlichen Annäherung. Hier ist die Wahrnehmbarkeit erheblich schlechter und erfordert zusätzlich eine gezielte Blickzuwendung, weshab es z.B. nach Hugemann, Unfallrekonstruktion 7.37 zu einer Verlängerung auf 1,5 Sekunden bzw. OLG München vom 05.05.2017 - 10 U 1750/15 - um 0,7 Sekunden kommt. In dieser Zeit bewegt sich das Kraftfahrzeug ungebremst weiter. 

Der Bremsweg selbst hängt dann nur noch ab von der Ausgangsgeschwindigkeit sowie der Verzögerung, steigt quadratisch und damit zugleich dramatisch: Der Geschwindigkeitsabbau auf der selben Strecke aus höheren Geschwindigkeiten ist deutlich niedriger. Auf 10 Meter lässt sich ein Fahrzeug aus 45 km/h bis zum Stillstand abbremsen, bei 100 km/h jedoch lediglich um 10 mk/h auf 90 km/h. Auch geringfügige Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit können fatale Folgen haben. Bei 30 km/h beträgt der Anhalteweg lediglich rund 13 Meter, bei 50 km/h 25 Meter. Da 50 km/h 13,89 m/s entsprechen, beträgt also die Geschwindigkeit wenn mit 30 km/h gerade noch angehalten werden konnte, 50 km/h. Die Überlebenschance des Fußgängers liegt in der Größenordnung von 50 %.

 

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